Die Panther by Weinert-Wilton Louis

Die Panther by Weinert-Wilton Louis

Autor:Weinert-Wilton, Louis [Weinert-Wilton, Louis]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


21

„Guten Morgen, Mrs. Fanny“, sagte Grace Wingrove liebenswürdig, indem sie mit strahlendem Gesicht in die Küche trat. — „Wann wird in diesem verschlafenen Haus eigentlich gefrühstückt?“

Die dralle Wirtschafterin von Spittering Farm fuhr vom Herd etwas erschreckt herum und blickte dann hastig und schuldbewußt nach der Uhr. Als sie festgestellt hatte, daß es erst gegen sieben ging, beruhigte sie sich etwas, regte aber sofort die Hände mit verdoppelter Geschäftigkeit.

„Sofort, Miß“, beeilte sie sich zu versichern. „In längstens einer Viertelstunde bin ich bei Ihnen.“

Das junge Mädchen, das frisch und strahlend aussah, wie der Sommermorgen selbst, warf einen großen Buschen bunter Gartenblumen auf den Tisch und machte sich daran, ihn mit flinken Händen zu einem Strauß zu binden.

„Ich werde im Eßzimmer frühstücken“, meinte sie leichthin. „Sie wissen doch, daß wir das gestern ausgemacht haben.“

Fanny bestätigte dies weder, noch verneinte sie es, und Grace summte eine Schlagermelodie vor sich hin.

„Ich war wohl gestern abend etwas beschwipst?“ unterbrach sie plötzlich das Schweigen, und ihre schönen Augen hefteten sich sehr unsicher auf die hin und her eilende Frau. „Glauben Sie, daß er es bemerkt hat?“

„Wer?“ fragte Fanny mit einer Schwerfälligkeit, die das junge Mädchen höchst verlegen werden ließ.

„Nun, Mr. Rayne. Ich bin nämlich eingeschlafen und weiß nicht, was weiter geschehen ist.“

Diese Lücke in ihrer Erinnerung verursachte Grace seit ihrem Erwachen viel Kopfzerbrechen und einige Sorge, aber Fanny vermochte sie zu beruhigen und tat dies mit liebevoller Weitschweifigkeit.

„Ach wo, gar nichts hat er gemerkt. Er hat zuerst lange telefoniert, und dann ist er plötzlich zu mir gekommen und hat gesagt: ‚Miß Wingrove ist vor Müdigkeit eingeschlafen. Nehmen Sie sich ihrer an!‘ Darauf ist er in sein Zimmer gegangen, um sich umzukleiden, und ich habe Sie hinaufgebracht.“ Das frische Gesicht der Frau verzog sich zu einem breiten Schmunzeln, und auch ihre wasserblauen Augen lachten vergnügt. „Sie waren wirklich so schläfrig. Miß, daß ich Sie kaum auskleiden konnte und dann...“

Sie machte eine verlegene Pause und kicherte in sich hinein, aber Grace hatte dabei ein etwas unbehagliches Gefühl.

„Nun?“ forschte sie kleinlaut, ohne den Blick von ihren Blumen zu erheben.

„Dann sind Sie mir plötzlich um den Hals gefallen und haben in einem Atem geweint und gelacht.“

„So“, meinte das junge Mädchen trocken. „Ein nettes Benehmen, nicht wahr? — Sonst aber hoffentlich nichts?“ fügte sie mißtrauisch hinzu.

„Nein, sonst nichts“, versicherte Fanny lebhaft und etwas erstaunt, und der Seufzer der Erleichterung, den Grace ausstieß, war in der ganzen Küche zu hören.

Pünktlich eine Viertelstunde später, wie es versprochen worden war, bekam Grace im Eßzimmer ihr Frühstück serviert und machte sich mit großem Appetit darüber her. Sie hatte bereits einen längeren Spaziergang im Park hinter sich, und ihre Laune ließ nichts zu wünschen übrig. Die seltsame Lage, in der sie sich befand, kam ihr schon längst nicht mehr zum Bewußtsein, denn sie hatte an ganz andere Dinge zu denken.

„Wo ist Mr. Peter?“ fragte sie so ganz nebenbei, als Fanny ihr den Tee eingoß. Eigentlich wollte sie etwas anderes wissen, aber vielleicht war es besser, auf Umwegen daraufzukommen.

Die freundlichen Mienen der Wirtschafterin wurden mit einem Schlage sehr unwirsch und eisig.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.